Sehr geehrter Bürgermeister, liebe Beigeordnete und Ratskolleg:Innen, liebe Mitarbeiter:Innen der Verwaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Haushalt 2023 liegt vor; man könnte ihn auch einen „Haushalt der Zeitenwende“ oder auch „Haushalt in Krisenzeiten“ nennen. Völlig klar ist, dass drei Ereignisse von historischer Tragweite bis auf unseren Haushalt und Bad Dürkheim als Ganzes einwirken:

Zum einen die Corona Pandemie, deren Auswirkungen wir in vielen Bereichen des städtischen Haushalts spüren.

Belastungen, die direkt in den Haushalt einwirken und nachwirken wie z.B. die Investitionen für Lüftungstechnik in unseren Einrichtungen, die zwar gut gefördert vom Land sind, aber natürlich auch unseren finanziellen Beitrag einfordern. Ganz zu schweigen von den Belastungen unseres städtischen Personals in den Kitas und Schulen, die großartiges leisten aber nun auch entlastet werden müssen. Hierzu haben wir die nötigen Stellen im Haushalt eingeplant.

Von größerer Bedeutung sind ebenfalls die Auswirkungen auf den Bäderbereich unserer Stadtwerke, die mit deutlich höheren und nicht mehr kompensierbaren Verlusten aufgrund langer Schließzeiten in dieser Sparte belastet werden.

Auch im innerstädtischen ÖPNV, den die Stadtwerke auf unseren Wunsch hin unmittelbar vor der Pandemie nochmals qualitativ verbessert haben lässt die Ertragssituation nach wie vor zu wünschen übrig. Ebenso wie wir unseren Anteil zum Erhalt und Modernisierung des Rhein-Haardtbahn Netzes zu leisten haben. Hier stellen wir uns in dem vorliegenden Haushalt unserer Verantwortung, in dem wir diesen Bereichen der Stadtwerke, die ja viel auch mit Daseinsvorsorge für unsere Bürger zu tun haben, mit einer Einlage in Höhe von 1,2 Millionen Euro unterstützen.

Das zweite Ereignis sind die immer deutlicher zum Vorschein kommenden Folgen der Klimaveränderung, die uns in vielen Bereichen auch als Stadt in die Verantwortung nehmen, uns mit den Folgen für unsere Bürger aber auch unsere Landschaft auseinander zu setzen. Hier gilt es umzudenken, mutig zu sein und als Stadt Zeichen zu setzen. Auch wenn es vielen anmutet, dass man als kleine Gemeinde hier keine Akzente zu wirklicher Veränderung setzen kann sind wir als freie Wähler der Meinung, dass auch jede noch so kleine Chance zur Veränderung ergriffen werden muss. Projekte wie die Solarberatung (und nun in Fortführung) die Ausbildung der Solarbotschafter, aber auch Investitionen in die Biodiversität unserer Stadt und Umgebung sind ebenso wichtig, wie die hervorragende Arbeit der von der Koalition initiierten interfraktionelle Radgruppe.

Diese Radgruppe zeigt so wunderbar auf, welche tolle Lösungen gefunden werden können, wenn wir uns zusammentun und als Bürger mit der Verwaltung an einem Strang ziehen. Danke an dieser Stelle an die unermüdlich Aktiven in der Gruppe, aber auch an alle Mitarbeiter der Verwaltung, die dieses Experiment mitgegangen sind und sich für ein besseres Radwegenetz engagieren. Wir empfinden die auf den Weg gebrachten Veränderungen in der Weinstraße Süd als einen wichtigen Schritt. Denn wie gesagt, es ist an der Zeit umzudenken und auch mal mutig zu sein.

Aber auch die konsequente Sanierung der in vorherigen Legislaturen in Vergessenheit geratenen städtischen Wohnungen sind wichtige Bausteine einer nachhaltigen Politik, die den Mut und Energie zur echten Veränderung hat. Im Hausener Weg ist ein wirkliches Vorzeigeprojekt entstanden und wir freuen uns auf die Realisierung des im vorliegenden Haushalt mit 1,5 mio Euro veranschlagten Vorhabens „An den Drei Mühlen“. Hier müssen wir als Stadt weiter mit solchen Leuchtturmprojekten voran, die neben einer Verbesserung der Lebensqualität auch mit einer grundlegenden energetischen Sanierung unseres Wohnungsbestandes einher geht. Aber auch die Modernisierung der Valentin Ostertag Schule muss nun unbedingt vorankommen.

Die dritte und wohl bedeutendste Einflussgröße auf unseren Bad Dürkheimer Haushalt ist der Angriffskrieg des russischen Präsidenten auf die Ukraine.

Er beschert uns – neben der Erschütterung unseres Grundvertrauens in die friedvolle Koexistenz der europäischen Völker – eine für die meisten von uns hier eine völlig neue Situation. Nämlich in Form von Inflation und wirtschaftlicher Rezession.

Deutlich sind die Auswirkungen in den Haushalt unserer Stadt zu spüren: Im Bereich der Energie, im Bereich Unterhalt und Neubau von Gebäuden und der Entlohnung des städtischen Personals finden wir viele Kostensteigerungen im vorliegenden Haushalt, die unter den Vorzeichen von Inflation und Rezession noch gar nicht in Gänze zu beurteilen sind.

Klar ist also, das immense Kostensteigerungen auf der Ausgabenseite nicht nur diesen, sondern auch die folgenden Haushalte belasten werden.

Erfreulicherweise werden auch unsere Steuereinnahmen und Transfererträge von rund 41 Millionen Euro in 2022 auf rund 45 Millionen Euro in 2023 steigen und wohl auch mittelfristig auf diesem Niveau bleiben – oder gar leicht weiter steigen.

Aber es stellt sich natürlich auch gleichzeitig die Frage, ob die Steuereinahmen hier nur infolge zweistelliger Inflationsraten so zuwachsen oder ob es sich hierbei um ein reales Wachstum handelt.

Denn falls dies nicht so ist, haben wir – mal einfach heruntergebrochen – nur zwei Möglichkeiten:
1. Die Einnahmen der Stadt erhöhen oder
2. die Ausgaben im gleichen Verhältnis wie die real sinkenden Einnahmen zu senken.
Naturgemäß sind unsere Möglichkeiten zu einer Erhöhung der Einnahmen, deutlich eingeschränkt. Für weite Teile unserer Fraktion waren die Grenzen des Wachtsums für neue Gewerbegebiete erreicht – klar haben wir damit auch bewusst auf Einnahmen verzichtet.

Umso wichtiger sehen wir es als FWG diese wenigen Möglichkeiten auszuschöpfen. Wie zum Beispiel durch das von uns vorgeschlagene gebührenpflichtige Parken auf großen Teilen des Wurstmarktplatzes, dessen Umsetzung wir nach einer sich abzeichnenden Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage unbedingt in Angriff nehmen wollen. Immer mit dem Ziel vor Augen die nicht unerheblichen prognostizierten Erträge zumindest mittelbar unseren Bürgern zu Gute kommen zu lassen.

Aber es ist eben auch zu erwarten, dass wir uns auf der Ausgabenseite dauerhaft einschränken müssen.

Denn neben den eben genannten drei großen weltpolitischen Faktoren schlägt nun noch das bereits mehrfach zitierte Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) zu buche.

Will das Land eigentlich Gutes für Rheinland-Pfalz als Ganzes, indem es durch ein neues System des Kommunalen Finanzausgleiches eine horizontale Umverteilung unter den Kommunen fördert, hat das neue Gesetz doch einige Tücken und Schwachstellen: So fällt die Mindestfinanzaustattung der Gemeinden künftig niedriger aus, aber gleichzeitig sollen durch eine stärkere Umverteilung finanzschwächere Kommunen entlastet werden.

Eine Schwachstelle ist hierbei allerdings, dass diese Mehrausschüttung an klammere Gemeinden fast komplett über die aus extrem hohen Gewinnen resultierenden Abgaben eines einzigen Unternehmens aus Rheinland-Pfalz querfinanziert werden – und sich so deutlich die Frage nach einer Nachhaltigkeit des neuen System stellt.

Für Bad Dürkheim hat das LFAG die eben nun tragische Konsequenz, das wir künftig deutlich weniger Zuweisungen vom Land bekommen. Und das Land gleichzeitig von den Kommunen fordert, sich das fehlende Geld bei den Bürgern vor Ort in Form von höheren Realsteuern zurückzuholen.

Wir haben bei der FWG lange diskutiert, ob der vom Land – ich nenne es jetzt mal milde ausgedrückt – „vorgeschlagene Weg“ der Erhöhung der Grundsteuer und Gewerbesteuer gerade jetzt in diesen Zeiten unseren Bürgern und Unternehmen in Bad Dürkheim zuzumuten ist. Und auch gerade jetzt, wo wir einen Haushalt vorlegen, der den Prognosen nach, die Summe unserer Steuern und Zuweisungen von 41 auf 45 Millionen Euro ansteigen lässt.

Und zudem in einer Zeit, in der auch die bundesweite Grundsteuerreform so richtig Fahrt aufnimmt und niemand so genau weiß, wohin die Reise geht. Jetzt an den Grundsteuern zu drehen kommt – um im Bild vom einem reisenden Fahrzeug zu bleiben – einem Reifenwechsel bei laufender Fahrt gleich. Niemand kennt die auf den Bürger zukommenden Steueranteile nach Vollzug der Reform.

Infolge haben wir in der Fraktion genau abgewogen, ob keine oder eine nur moderate Erhöhung der Grund und Gewerbesteuer vertretbar ist, um uns damit hinter unsere Bürger zu stellen und dem Land klare Kante zu zeigen, dass wir mit dem LFAG aufgrund einiger handwerklicher Fehler nicht einverstanden sind.

Letztlich sind wir jedoch zur Einsicht gekommen, dass eine NICHT-Anpassung der Hebesätze unter den derzeitigen Vorgaben des Landes am Ende für Bad Dürkheim als Ganzes unverantwortlich wäre.

Die beim Verbleib auf den derzeitigen Sätzen zu erwartende Kürzung von Fördermitteln in allen Bereichen des öffentlichen Lebens würde unvertretbare und unabsehbare Kollateralschäden in unseren künftigen Haushalten hinterlassen.

Es ist also wie es ist: wir gehören als Gemeinde, der es vergleichsweise noch gut geht, zu den Verlierern des LFAG und müssen mit den Konsequenzen vorerst zurechtkommen.

Vor einem Jahr habe ich hier gesagt, wie wichtig es ist, sich im Haushalt einer Kommune mit einem – wenn möglich – weit gesteckten Rahmen ein Stück unternehmerischer Freiheit zu belassen. Heißt im Klartext immer mehr Maßnahmen auf den Haushalts-Zettel zu nehmen, um in der Realisation flexibel auf aktuelle Gegebenheiten reagieren oder auf ein günstigeres Momentum abwarten zu können. Das wird nun anders werden müssen.

Mit der von der Verwaltung ausgearbeiteten pauschalen Kürzung von in der Vergangenheit nicht ausgereizten Budgets um 9% konnten wir in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Für dieses Jahr sicherlich ein guter, nötiger und effizienter Schachzug. Ob dies dauerhaft ein geeignetes Mittel sein kann, möchte ich bezweifeln. Denn eine fortwährende Kürzung nicht ausgereizter Haushaltsposten kann natürlich auch dazu führen, dass diese künftig von den jeweiligen Bereichen unterjährig ausgeschöpft werden, um weitere Kürzungen zu vermeiden. Hier ist die gute Kommunikation, Transparenz und der Austausch zwischen Fachbereichen und Stadtrat mit seinen Ausschüssen sehr wichtig, um das gegenseitige Vertrauen in ein wirtschaftliches Handeln und Belassen von Handlungsspielräumen der letzten Jahre zu erhalten.

Im Sport bezeichnet man die Phase eines Spieles, die für den Ausgang der Partie entscheidend ist als „Crunch Time“. Diese Phase steht uns bei vielen Partien gerade bevor; sei es bei der Therme, ÖPNV mit den nötigen Erhaltungsinvestitionen in die Rhein-Haardtbahn aber auch einem Projekt wie der Brunnenhalle. Wohlgemerkt alles Investitionen, die auch wir als Freie Wähler trotz aller kritischen Beleuchtung unterstützt haben. Aber jetzt ist eben Crunch Time für den Haushalt, umso mehr müssen künftige Vorhaben – noch mehr als je zuvor – vor der Realisierung nochmals genau auf den Prüfstand.

Eine Neuberechnung der langfristigen Wirtschaftlichkeit der Therme aufgrund veränderter Energiekosten wäre nun sicherlich interessant – hier kann aber an eine Veränderung der Planung kaum mehr gedacht werden. Umso wichtiger ist es uns als FWG nun bei neuen Vorhaben – die sich noch sozusagen in der Pipeline befinden – noch einmal kurz innezuhalten, sich neu zu Kalibrieren und im Lichte der veränderten Umstände genau auszuleuchten. Ich denke hierbei an Projekte wie zum Beispiel Brunnenhalle, Salierhalle aber auch die Großmaßnahme Shared-Space Mannheimer Straße/Philipp-Fauth-Straße.

Auch wenn die meisten vorgenannten Maßnahmen aufgrund ihres investiven Charakters nur verzögert Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt haben werden, belasteten die Ausgaben den Haushalt am Ende natürlich doch.

In der freien Wirtschaft sind mit die ersten Maßnahmen bei nötigen langfristigen Ausgabenkürzungen die Rationalisierung von Arbeitsabläufen, die oft auch mit einer Digitalisierung einher gehen. Die Verwaltung hat hier in vielen Bereichen bereits die richtigen Weichen gestellt – die mit heutigem Beschluss eingesparte Hundemarke wird wohl öfter noch mit einem Augenzwinkern als Beispiel herangezogen werden, wenngleich der Kern der Sache goldrichtig ist: nämlich auch lange eingefahrene Verfahrensweisen mutig zu hinterfragen und zu ändern. Und dabei auch ein justierendes Nachstellen an wackelnden Schrauben nicht als Versagen, sondern als Teil des Prozess zu sehen.

Die effiziente Handlungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit die Corona von unserer Verwaltung einforderte wie z.B. bei der Beantragung der Lüftungsanlagen, Terminvergabe im Bürgerbüro, digitale Antragstellungen zeigt wie wichtig es ist, eine gut digitalisierte und in effizienten Abläufen gut organisierte Verwaltung zu haben.

Ich warne daher davor, mögliches Einsparpotenzial beim Personalbesatz und den Personalkosten zu sehen.

In einer Zeit, in der die Verwaltungen beginnen sich gegenseitig die Mitarbeiter abzuwerben, in einer der Zeit, in der wir uns langsam aber sicher von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt haben, wo das Credo „Arbeit ist nicht alles“ mehr und mehr zur Lebenseinstellung wird können wir uns in dem eingeschränkten Tarifgefüge einer Verwaltung unmöglich eine großräumige Personalkürzung leisten und Aufgaben auf weniger Schultern verteilen. Im Gegenteil – wir müssen weiter daran arbeiten ein noch attraktiverer Arbeitgeber zu werden.

Im Übrigen haben wir meines Erachtens kein „Umsetzungsproblem“ wie eben von Markus Wolf behauptet wurde; wir haben ein „Zuviel auf dem Zettel“ Problem. Dies liegt unter anderem auch daran, dass wir viele Großprojekt aus vorangegangen Legislaturen sozusagen mitschleifen. Projekte, die wir alle mitbeschlossen haben und bei dem wir auch oft genug auf Wunsch des Stadtrates viele Extra-Runden gedreht haben, wo die Verwaltung gerne schneller umgesetzt hätte.

Auch überbordende Bürokratie, Richtlinien, Ausschreibungen im öffentlichen Bereich kosten bei der Umsetzung viel zu viel Zeit, auch das muss man anerkennen.

Und – ich erinnere an mein Statement vom letzten Jahr an gleicher Stelle: Wir müssen uns auch an die eigene Nase fassen, wir füllen den Zettel in Rat und Ausschüssen. Ja, wir haben ein Wahl in diesem Jahr (Markus Wolf spielte zuvor auf die Bürgermeister Wahl „Wahlmöglichkeit“ Projekte schnelle abzuwickeln): Noch mehr Neues auf den Zettel oder diese Zettel weiter gewissenhaft abarbeiten.

Ich wünsche mir, dass wir auch im Aufstellungsprozess zum nächsten Haushalt wieder viele kreative Köpfe im Boot haben, die helfen unsere Planungen auf gesunde Beine zu stellen, ohne die freiwilligen Leistungen für unsere Bürger im Bereich der Kultur, Sport, Vereine im Allgemeinen oder unsere Förderung von Tourismusgewerbe und Einzelhandel einschränken zu müssen.

Die Fraktion der FWG stimmt der vorliegenden Haushaltssatzung für das Jahr 2023 zu.

Unser Dank gilt allen Mitarbeitenden in der Verwaltung, im Betrieb der Abwasserbeseitigung und den Stadtwerken für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Mit ihrer Arbeit verschaffen Sie uns allen in Bad Dürkheim ein äußerst lebenswertes Umfeld. Uns Rats- und Ausschussmitgliedern macht die Zusammenarbeit mit einer so schlagkräftigen Truppe und mit den in allen Bereichen hochkompetenten Akteuren viel Freude bei der gemeinsamen Gestaltung der Zukunft unserer Stadt. Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien bei dieser Gelegenheit bereits eine frohe Weihnachtszeit und ein glückliches neues Jahr.

Für die Fraktion der FWG im Stadtrat Bad Dürkheim
Jochen Schmitt, Fraktionsvorsitzender