Statement der FWG Fraktion zur Entscheidung über das Finanzierungskonzept zur Therme, im März 2021

„In seiner Sitzung vom 12.07.2016 hat der vorhergehende Stadtrat mit großer und eindeutiger Mehrheit beschlossen sein Glück selbst in die Hand zu nehmen und sich mit Unterstützung des Landes als Investor in eine neue Kureinrichtung in Form einer Therme auf den Weg zu machen. Dies nach eingehender Prüfung der Wirtschaftlichkeit, Finanzierung und baulichen Rahmenbedingungen, sowie nach Abschluss und Auswertung einer Bürgerbeteiligung.

Auch dieser neue Stadtrat und seine Ausschüsse, ebenso wie der Aufsichtsrat der Stadtwerke haben in unzähligen Sitzungen zwischenzeitlich getagt und dieses Großprojekt immer wieder von allen Seiten betrachtet. Immer mit dem Ziel für Bad Dürkheim und seine Bürger die richtige Entscheidung zu treffen.

Glauben Sie mir, viele, viele, wirklich viele Stunden im Stadtrat, Bauzuschuss, und Haupt- und Finanzausschuss – aber auch der Fraktion selbst wurde diskutiert. Wir haben immer wieder Kosten und Nutzen abgewogen, an mehreren Stellen inne gehalten um Alternativen zu prüfen und den bisher gegangenen Weg aufs Neue hinterfragt. Es war also ein langer und sehr gewissenhaft Prozess zur Entscheidungsfindung bis hierhin. Danke an dieser Stelle ausdrücklich nochmal an alle Beteiligten – allen voran Herrn Dr. Kistenmacher und seinem Team, aber auch an die gesamte Verwaltung die alles dafür getan haben uns die Zahlen und Fakten immer wieder aufzubereiten und zu aktualisieren

Ich will damit hier deutlich machen, dass wir in den Fraktionen bzw. heute im gesamten Stadtrat keine leichtfertige Entscheidung treffen. Wir haben bis hin zur HFA Sitzung letzter Woche immer wieder

  1. Die langfristige Wirtschaftlichkeit hinterfragt und die zu Grunde liegenden Gutachten immer wieder auf den aktuellen Stand bringen lassen. Zudem liegen uns Plausibilitätsprüfungen vor, die diese Gutachten mehr als bestätigen. Stand heute halten wir alle eingesehenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für sehr solide und konservativ genug gerechnet

Wir haben geprüft ob,

  1. Die Finanzplanung solide ist und ob durch die große Investition nicht negative Auswirkungen auf das derzeit unseren Bürger gegenüber erbrachte Leistungsspektrum zu erwarten sind. Wir halten nach allen uns vorliegenden Zahlen den Kapitaldienst zur Erweiterung des Sali zur Therme für nachhaltig finanzierbar – und das auch noch bei hoffentlich nur gering ausfallenden, aber eben auch noch bei unvorhersehbaren Baukostensteigerungen.

Ebenfalls haben wir gesehen, dass auch die weiteren Investitionen z.B. in Brunnenhalle und damit die neue TI durch den Haushalt der Stadt nachhaltig leistbar sind.

Wir halten

  1. Die Ausschreibung nun für bestmöglich kostensicher kalkuliert. Aber natürlich – und das ist es, was uns bis heute von allen Punkten am meisten Kopfzerbrechen bereitet hat – verbleibt auch mit einer Kenntnis von über 70% der Kosten ein Restrisiko von Nachträgen und heute unvorhersehbaren Kostensteigerungen. Dennoch halten wir das Risiko mit all dem was wir heute wissen für verantwortbar – vor allem auch in der festen Überzeugung, dass Bad Dürkheim ohne eine solche Kureinrichtung mittelfristig mit Sicherheit an Wettbewerbsfähigkeit verlieren würde.

Wir sehen auch dass

  1. die Stadtwerke als Mitinvestor in die Therme mit diesem Projekt an ihre Belastungsgrenze gehen und haben uns sowohl bislang im Aufsichtsrat, als auch im HFA darauf verständigt, dass das Thermenprojekt keine Preiserhöhungen bei den durch die Stadtwerke für unsere Bürger erbrachten Versorgungsleistungen verursachen darf. Wir setzen bei der heutigen Entscheidung voraus, dass die Stadt den Stadtwerken auch in Zukunft nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung zusagen kann und muss. Sei es im Bereich ÖPNV, erneuerbare Energien, aber auch bei mittelfristig anstehenden Unterhaltungsaufgaben im Bereich des alten Salinariums.

Wir sind uns bewusst, dass die aktuelle Pandemie Anlass zur Verunsicherung gibt. Wir sehen aber im Bau zur jetzigen Zeit auch eine Chance, bestens aufgestellt in eine Zeit danach zu gehen. Zusammen mit Erholungstourismus (Stichwort: Kurze Auszeit) und Naturnahem Tourismus wird Gesundheitsvorsorge einer der touristischen Megatrends der nächsten Jahrzehnte sein. Nicht zu vergessen ermöglichen wir unseren Bürgern, aber auch der gesamten Region mit der Therme einen Kurzurlaub und Gesundheitsprävention zu Hause.

Wir wollen Bad Dürkheim qualitativ weiter entwickeln, weg von Schönwetter-Tagestourismus, hin zum Urlaubsziel mit mehr Übernachtungsgästen. Und sehen das auch als nötig an, um unserem Wunsch nach sanftem und regional verankertem Tourismus auf hohem Niveau ein Stück näher zu kommen.

Klar ist auch – wer heute noch abstreitet, dass wir vor Ort nichts gegen eine Klimakrise tun sollen oder können liegt natürlich falsch – dennoch sehen wir den Bau einer Therme – auch unter dem Aspekt, dass wir hier höchste Effizienzstandards erfüllen werden – als verantwortbar. Natürlich verursacht der Bau und der Betrieb Emissionen, die wir alle zusammen – und sind wir voll dabei – sehr schnell so gering wie möglich halten müssen. Aber nicht in die wirtschaftliche Zukunft unserer Stadt zu investieren sehen wir nicht für tragbar.

Sicher ist aber auch, dass uns dieses Projekt natürlich nicht aus der Verantwortung bringt, noch mehr für den Klimaschutz vor Ort zu tun und auf jeden Fall müssen wir hier viel schneller und beherzter agieren. Die Investitionen in neue BHKW und dem Ausbau des Fernwärmenetze im Zusammenhang mit der Therme sind dazu nur ein kleiner, aber eben auch erster Schritt in die richtige Richtung.

Noch einmal: Sicher wäre es klimafreundlicher gar nichts mehr zu bauen, aber das können wir für eine Stadt mit unserer Aufstellung, mit unserem Businessplan in Sachen Gesundheitsstadt nicht verantworten. Natürlich könnten wir das Geld auch viele andere, ebenfalls weitreichende Dinge investieren – wir dürfen hier aber nicht vergessen, dass wir hier als Stadt in eines unserer zentralen Wirtschaftsgüter investieren – wir schaffen und erhalten Arbeitsplätze. Schließlich hängt nach vorsichtiger Schätzung ein Viertel aller Arbeitsplätze in Bad Dürkheim – mittelbar und unmittelbar am Tourismus & Gesundheitswesen. Wir sprechen hier immerhin von über 3.500 Sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, 450 Euro Kräfte sind hierbei wohlbemerkt noch gar nicht eingerechnet!

Mit Umsätzen in der Größenordnung von 40 Millionen Euro hängt ein beachtlicher Teil unserer Wirtschaftskraft direkt am Tourismus – nicht beleuchtet hierbei Zulieferer und Dienstleister. Auch die Erfahrungen im Einzelhandel Bad Dürkheims mit deutlich geringeren Umsätzen bei ausbleibenden Touristen in den vergangenen Monaten zeigen eindeutig, in wie viele Bereiche unserer heimischen Wirtschaft die Kaufkraft unserer Gäste hineinspielt.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Natürlich birgt der Bau der Therme ein Risiko; gerade auch vor dem Hinblick, dass es bei vielen Bauten der öffentlichen Hand immer wieder Kostenerhöhungen gibt.

Mit diesem Risiko können wir als FWG jedoch leben, ich habe es vorhin erwähnt: wir haben einen sehr ausführlichen Prozess hinter uns, bei dem wir heute und hier mit gutem Gewissen sagen können, dass man wohl die größtmögliche Kostensicherheit haben kann, die ein solches Projekt erlaubt.

Nebenbei bemerkt hielten wir es auch für eine unüberschaubares Risiko, diese Therme jetzt nicht zu bauen und damit Bad Dürkheim in einem seiner wirtschaftlichen Standbeine nicht mit der Zeit gehen zu lassen. Dieses Projekt gibt uns wirklich die Möglichkeit uns hin zu einer Kurstadt 4.0 zu entwickeln und unsere Heimatstadt gut für die Zukunft aufzustellen. Und dies mit der einmaligen Gelegenheit einen knapp 30%igen Zuschuss des Landes zu erhalten.

Wie in den anderen Fraktionen auch, überlassen wir es selbstverständlich jedem Stadtrat am Ende selbst, seine ganz eigene Entscheidung zu treffen; hier und heute sollen Koalition und Opposition keine Rolle spielen.

Die FWG Fraktion wird jedenfalls dem Beschlussvorschlag zustimmen, den Stadtwerken die Zuschüsse für die Errichtung einer Therme zuzusagen.

Jochen Schmitt, 22.03.2021
Für die FWG Fraktion im Stadtrat